Mittwoch, 11. Oktober 2017

Verrechnungssteuer (Meldeverfahren)

Das Meldeverfahren gilt nur für den Steuerschuldner, nicht für den Leistungsempfänger (BGE 2C_597/2016).

Eine Schweizer AG hatte zu je 50% einen Aktionär mit Wohnsitz in der Schweiz und einen Aktionär mit Wohnsitz in Grossbritannien. Im Rahmen eines „Regimewechsels“ wurde das Meldeverfahren beantragt und ein Ruling eingeholt. Die ESTV kam auf ihren Entscheid zurück. Das Bundesgericht weist die hiegegend erhobene Beschwerde ab.

Die Verrechnungssteuer ist eine zweiphasige Steuer, bei der die Erhebungs- und die Rückerstattungsphase zu unterscheiden sind. Während von der Erhebung der Schuldner der steuerbaren Leistung betroffen ist, interessiert die allfällige Rückerstattung der Verrechnungssteuer vorab den Empfänger der steuerbaren Leistung. Für beide Phasen sind entsprechende Rechtswege vorgesehen. Daraus ergibt sich, dass die ESTV im Rahmen des Meldeverfahrens den Rückerstattungsanspruch nur vorläufig überprüfen kann, ohne darüber einen verbindlichen Entscheid zu fällen. Die ESTV kann sich dabei auf eine summarische Prüfung des Rückerstattungsanspruchs beschränken. Lässt sich dieser nicht ohne Weiteres feststellen oder bestehen ernsthafte Zweifel, so kommt die Bewilligung des Meldeverfahrens nicht in Betracht. Wenn relevante Zweifel am Rückerstattungsanspruch bestehen, ist das Meldeverfahren nicht zu bewilligen.

Der Begriff "Regimewechsel" im Verrechnungssteuerrecht meint den Wechsel der Rückerstattungsregeln nach einer Umstrukturierung des Aktionariats, namentlich im internationalen Verhältnis. Das Bundesgericht hatte bislang die Frage nicht zu ent-scheiden, ob das Element der Steuerersparnis im Rahmen der Steuerumgehung sich nur auf schweizerische oder - wie hier geltend gemacht - auch auf ausländische Steuern bezieht. Die Frage wurde aber auch hier offen gelassen. Eine Steuerumgehung wurde vermutet. 


Fazit
Liegen ernsthafte Anzeichen einer Steuerumgehung vor, insbesondere unter Einbezug ausländischen Steuerrechts, bleibt für eine Bewilligung des Meldeverfahrens kein Raum, auch dann nicht, wenn vorgängig ein Ruling eingeholt wurde. 

Montag, 11. September 2017

Ermessenstaxation, Nichtigkeit von Veranlagungen

Ermessenstaxationen dürfen nicht pönal oder fiskalisch motiviert sein. Nichtigkeitsgründe sind jedoch einzig funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler (BGE 2C_679/2016). 

Eine angestellte Ärztin liess sich für die Jahre 2004 – 2012 nach Ermessen einschätzen. Der effektive Lohn betrug rund CHF 250‘000 pro Jahr. Die Ermessenstaxationen unterlegten einen Lohn von bis zu CHF 750‘000. Es stellte sich die Frage der Nichtigkeit. Das Bundesgericht bejaht. 

Eine Ermessensveranlagung hat erst dann zu erfolgen, wenn trotz durchgeführter Untersuchung durch die Verwaltung der Sachverhalt nicht ausreichend erhellt werden kann und somit ein Bereich der Unsicherheit verbleibt, der die Verwaltung daran hindert, die Steuerfaktoren mit der erforderlichen Vollständigkeit und Genauigkeit festzulegen. Die Einschätzung soll dem realen Sachverhalt und der materiellen Wahrheit möglichst nahe kommen. Die Behörde hat aus gesetzlichem Auftrag eine Veranlagung vorzunehmen, die dem Prinzip der vollständigen, gerechten und gleichen Besteuerung entspricht. Es steht der Behörde nicht zu, eine Einschätzung nach freiem Belieben vorzunehmen. Ebenso wenig darf die Veranlagung aus fiskalischen oder pönalen Motiven bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen von der Wirklichkeit abweichen. Das Bundesgericht bejahte vorliegend die Nichtigkeit, da der Gemeinde bekannt war, dass die Ärztin immer im gleichen Spital gearbeitet hatte. Sie hätte also vom Arbeitgeber einen Lohnausweis einfordern können, was jedoch nie erfolgte. Das Steueramt verletzte dabei jahrelang und in immer unerträglicherem Ausmass seine Untersuchungspflicht und trieb damit eine zuvor finanziell gutgestellte Kaderärztin innert weniger Jahre in den wirtschaftlichen Ruin. Nichtigkeit war gegeben. 


Fazit 
Sind die – strengen – Regeln der Nichtigkeit gegeben, so müssen die vorgenommenen Veranlagungen mitsamt all ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen, namentlich die erfolgten Betreibungen und Pfändungen rückabgewickelt werden. Die jeweiligen Verfahren sind für sämtliche betroffenen Perioden von Anfang an neu durchzuführen. Die Neuveranlagungen haben im ordentlichen Verfahren und aufgrund der nachträglich eingereichten Steuererklärungen zu erfolgen.

Montag, 21. August 2017

Geldwerte Leistungen: Simulierte Darlehen bei Schwestergesellschaften

Der fehlende Wille zur Rückzahlung eines Darlehens ist ein subjektives Element. Er stellt eine steuerbegründende Tatsache dar. Die Beweislast liegt bei der Steuerbehörde (BGE 2C_443/2016, 2C_444/2016).

Grundlage des Entscheides betrifft ein Darlehen einer AG an eine notleidende Schwesterunternehmung, das nicht innert nützlicher Frist zurückgezahlt wurde. Die Steuerbehörden rechneten das Darlehen beim Aktionär auf, der beide Gesellschaften beherrschte. Das Bundesgericht bestätigt. 

Auch bei der Bestimmung einer allfälligen Simulation ist von dem zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Vertrag auszugehen und die Gesamtheit der konkreten Umstände zu berücksichtigen. Eine Simulation muss jedoch auf klaren Indizien beruhen. Ergibt sich für den Zeitpunkt der Darlehensgewährung noch kein aussagekräftiges Bild, so hat die Steuerbehörde zuzuwarten, bis sich diese Indizien zum Beweis verdichtet haben. Für eine spätere Beurteilung kann wesentlich sein, dass die Darlehensschuld zumindest teilweise abgebaut wird. Umgekehrt ist je nachdem massgeblich, dass das Darlehen trotz (sehr) schwieriger Finanzverhältnisse des Schuldners noch (mehrmals) beträchtlich erhöht wird. Ebenfalls von Bedeutung ist, wenn nie Darlehenszinsen bezahlt und diese kontinuierlich zur Schuld geschlagen wurden. In diesen Fällen hätte aus steuerlicher Sicht eigentlich die Pflicht bestanden, für dieses Guthaben eine Wertberichtigung vorzunehmen. Mit dem von der Darlehensgeberin gegebenen Rangrücktritt gegenüber der Schwestergesellschaft kam sie ihren geschäftlichen Verpflichtungen nicht nach, sondern verwendete ihre Mittel im Interesse ihres Aktionärs, welchem die Darlehensschuldnerin gehört.


Fazit
Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung von simulierten Darlehen auch unter Schwestergesellschaften bei gemeinsamen Beteiligungsverhältnissen bestätigt. Die Zuwendung an Schwestergesellschaften sind einerseits (verdeckte) Gewinnausschüttungen an die Aktionäre und anderseits (verdeckte) Kapitaleinlagen der Aktionäre an die empfangende Gesellschaft.

 

Verjährung von Steuerbussen

Steuerstraftaten, die vor dem 01.10.2002 erfolgten, sind seit dem 01.01.2017 verjährt, wenn die Bussenverfügung nach dem 01.01.2011 erlassen wurde (BGE 2C_1010/2016, 2C-1012/2016).

In der alten Fassung des DBG vom 14. Dezember 1990 verjährte die Strafverfolgung bei vollendeter Steuerhinterziehung zehn Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, für die der Steuerpflichtige nicht oder unvollständig veranlagt wurde. Im Rahmen einer Revision des Strafgesetzbuchs auf den 01.10.2002 wurde die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung vollendeter Steuerhinterziehungen auf zwanzig Jahre verlängert. Im Jahre 2014 hat die Bundesversammlung die Verjährungsbestimmungen des DBG an die Allgemeinen Bestimmungen des StGB angepasst. Aufgrund dieser Gesetzesänderungen kann die Verjährung nicht mehr unterbrochen werden oder ruhen. Hingegen wird ihr Eintritt verhindert, wenn die zuständige kantonale Behörde vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Verfügung erlassen hat. Gleichzeitig wurde im Gesetz aufgenommen, dass das neue Recht anwendbar ist, sofern dieses milder ist als das in jenen Steuerperioden geltende Recht. Die neue Bestimmung ist am 01.01.2017 in Kraft getreten.

Im beurteilten Sachverhalt ging es um einen Sachverhalt, der sich zwar im Jahr 2002 ereignete, aber die Bussenverfügung erging erst im Jahre 2015. Dies war mehr als zehn Jahre nach dem Ende der Steuerperiode 2002, für welche die Beschwerdeführerin unvollständig veranlagt wurde. Die Strafverfolgung war demzufolge verjährt.


Fazit
Die Ausführungen des Bundesgerichtes bezüglich der Verjährungsfristen bei Steuerstrafverfahren sind zu begrüssen. Es wird Klarheit geschaffen bezüglich Verjährung von Steuerbussen bei Steuerperioden von vor und nach dem 01.10.2002.

Montag, 19. Juni 2017

Auslandsverlust

Einen Auslandsverlust hat die Schweiz nicht zu übernehmen. Er ist jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den Steuersatz mindernden Verlustvortrag (BGE 2C_404/2017).

Die in Frankreich liegende Liegenschaft schloss mit einem Gewinnungskostenüberschuss von rd. CHF 10‘000. Die Beschwerdeführer forderten die vollumfängliche Übernahme des Verlustes in ihrer CH-Steuererklärung. Die Steuerbehörden berücksichtigten den Verlust nur satzbestimmend. Die dagegen erhobene Beschwerde wird abgewiesen.

Bei persönlicher Zugehörigkeit einer natürlichen Person ist deren Steuerpflicht in der Schweiz unbeschränkt; diese erstreckt sich aber nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Ausland. Auslandsverluste werden nach schwei-zerischem Recht ausschliesslich satzbestimmend berücksichtigt, es sei denn, es handle sich um den Auslandsverlust einer Betriebsstätte. Regelungen in Doppelbesteuerungs-abkommen vorbehalten. Letztlich hält das DBG fest, dass natürliche Personen, die nur für einen Teil ihres Einkommens in der Schweiz steuerpflichtig sind, die Steuer für die in der Schweiz steuerbaren Werte nach dem Steuersatz entrichten, der ihrem gesamten Einkommen entspricht (Progressionsvorbehalt).

Die Steuerausscheidung im Fall von Grundstücken ist nach der objektmässigen Methode vorzunehmen. Folglich sind auch Grundstückerträge und Gewinnungskostenüberschüsse objektmässig demselben Steuerdomizil zuzuweisen. Dagegen werden Schulden und Schuldzinsen proportional – nach Lage aller (Brutto-) Aktiven des Privat- und Geschäftsvermögens – verlegt. 



Fazit
Vorbehältlich anderslautender Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen, gilt bei grenzüberschreitenden Sachverhalten die unilaterale Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt. Damit wird eine Doppelbesteuerung vermieden.

Geschäfts- und Privatvermögen bei Kollektivgesellschaften

Bringt ein Gesellschafter einen Vermögenswert zu einem überhöhten Wert in die Personengesellschaft ein, besteht die - einzige - Folge darin, dass der Buchwert des eingebrachten Aktivums allenfalls zu korrigieren ist (BGE 2C_41/2016).

A ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft X. Das Steueramt SG zeigte der Steuerverwaltung GL an, dass im Reinvermögen der X vier Verlustscheine, die A als Kapitaleinlage eingebracht hat, enthalten seien. GL eröffnete A, dass zwei der in die X eingebrachten Verlustscheine steuerrechtlich Privatvermögen seien, da kein Zusammenhang mit deren Tätigkeit bestehe. Die insgesamt CHF 100'000 seien erfolgsneutral auszubuchen und im Wertschriftenverzeichnis zu deklarieren. Dagegen wehrt sich A und das Bundesgericht gibt ihm Recht.

Einer Personengesellschaft kommt keine eigene Steuersubjektivität zu. Aus steuer-rechtlicher Sicht gibt es also kein Geschäftsvermögen der Personengesellschaft, sondern lediglich Geschäftsvermögen des einzelnen Gesellschafters. Bei der Bestimmung des Vermögens einer Personengesellschaft hat deshalb die buchmässige Behandlung eines Vermögenswertes erhöhte Bedeutung, ist doch bei Personengesellschaften die Bilanzierung von Privatvermögen der Teilhaber untersagt. Zudem ist zu beachten, dass das Gesellschaftsvermögen für die Schulden der Gesellschaft primär und unbeschränkt haftet. Den Vermögenswerten, die zum Vermögen der Gesellschaft zu zählen sind, ist somit eine unmittelbare geschäftliche Zweckbestimmung stets immanent. Sie sind grundsätzlich als Geschäftsvermögen zu qualifizieren und dem Geschäftsvermögen der Gesellschafter zuzuweisen.


Fazit
Die Qualifikationskriterien zur Abgrenzung von Geschäfts- und Privatvermögen bei Einzelunternehmen sind bei Personengesellschaften ungeeignet. Bilanzierte Vermögenswerte bei einer Personengesellschaft führen zu Geschäftsvermögen der Gesellschafter. Ausgenommen sind Vermögenswerte, die von einem Gesellschafter ausschliesslich privat genutzt werden. Dies wäre zivilrechtlich ohnehin nicht zulässig.


Vorfälligkeitsentschädigungen: Behandlung bei der Grundstückgewinnsteuer

Anlagekosten sind immer dann anzunehmen, wenn der Veräusserer selber wertvermehrende Aufwendungen getätigt hat, die mit der Veräusserung des massgeblichen Grundstücks untrennbar verbunden sind (BGE 2C_1148/2015).

Eine Erbengemeinschaft veräusserte eine Liegenschaft im Kanton ZH an eine Versicherung. Voraussetzung war die Auflösung der bestehenden Hypothek. Die Kündigung löste eine Vorfälligkeitsentschädigung aus. Das Bundesgericht ordnet an, diese Entschädigung bei den Grundstückgewinnsteuern als Anlagekosten anzurechnen, ungeachtet dessen, dass dies die Aufzählung im Zürcher Steuergesetz nicht vorsieht.

Hat der Veräusserer effektiv wertvermehrende Aufwendungen geleistet, dann umfasst das auch Aufwendungen des Grundeigentümers für rechtliche Verbesserungen des Grundstückes. Die Wertvermehrung kann nicht nur körperlicher, sondern auch rechtlicher Natur sein, z.B. die Begründung oder Ablösung eines beschränkt dinglichen Rechts zugunsten des Grundstücks oder der Wegfall obligatorischer Rechte, so z.B. die Entschädigung für den Verzicht auf die Ausübung eines Kaufrechts.

Neben dem Erfordernis effektiver Kosten und der geschaffenen Wertvermehrung wird weiter darauf abgestellt, ob die als gewinnmindernd geltend gemachten Kosten im Zusammenhang mit dem veräusserten Grundstück stehen und zudem im Hinblick auf die spätere Veräusserung der Liegenschaft getätigt worden sind.

Das Bundesgericht unterscheidet bei Vorfälligkeitsentschädigungen drei Fallgestaltungen. Die vorliegende Vorfälligkeitsentschädigung war zu bezahlen, weil die Käuferin keine Festhypothek übernehmen wollte und diese somit aufzulösen war. Die dabei entrichtete Vorfälligkeitsentschädigung war mit dieser Veräusserung untrennbar ver-bunden und somit bei der Grundstückgewinnsteuer zu berücksichtigen.
Fazit
Anlagekosten sind auch im Kanton Zürich solche Aufwendungen, die mit dem Erwerb und insbesondere der Veräusserung des massgeblichen Grundstücks untrennbar verbunden sind. Ist dies der Fall, so sind Vorfälligkeitsentschädigung bei der Grundstückgewinnsteuer als Anlagekosten zu berücksichtigen. Klar ist, dass ein Abzug nicht sowohl bei der Einkommens- als auch bei der Grundstückgewinnsteuer möglich ist.